Der Mund stand mir offen bei der Jobsuche. 800 Euro monatlich –brutto, versteht sich – hätte mir eine Agentur für ein einjähriges PR-Volontariat gezahlt. Das ausgerechnet in München, wo Quadratmeterpreise und Lebenskosten selbst Durchschnittsverdiener in die Knie zwingen. Auch andernorts reichen 800 Euro kaum zum Leben. Wer nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben noch Miete zahlt, läuft bis zum Monatsende nicht mehr weit. Höchstens ein paar Mal zum Discounter.

Berufseinstieg mit Niedriglohn

Niedrigstlöhne für PR-Einsteiger*innen machen deutlich: Volontär*innen sind oft schlicht billige Arbeitskräfte. Sie verdienen wenig – und häufig wird das niedrige Gehalt auch nicht durch ein adäquates Ausbildungsangebot aufgewogen. Beispiel Bayern: Dort liegen Volontärgehälter laut Statistik bei rund 1450 Euro. In dem Münchner Verlag hätte ich nur etwas mehr als die Hälfte bekommen. Bei solchen Hungerlöhnen denke ich sofort an die „Fünf-Mark-Nutten“ eines einst turnschuhtragenden Politikers. Dessen Verbalttacke galt zwar waschechten Journalist*innen – aber waren wir nicht alle einmal bei Zeitung oder Rundfunk?

Einen Mindestlohn für das Volontariat gibt es nicht

Mit Stundenlöhnen von fünf Euro sind PR-Volontär*innen die neuen Friseur*innen – zumindest am Berufsanfang. Dafür hätte eine Ausbildung doch schon gereicht! Wozu waren Bachelor, Master und unzählige Praktika noch einmal gut? Im Gegensatz zu den PR-Debütant*innen klingelt bei den Haareschneider*innen künftig mehr Geld in der Kasse. Stufenweise soll ihr Stundenlohn bis 2015 auf 8,50 Euro steigen. Mindestlohn, dank Tarifvertrag.

Den gibt es in der PR, anders als im Zeitungsjournalismus, nicht. Ebenso wenig eigene Gehaltsrichtlinien. Nur deshalb kann jede Agentur selbst bestimmen, wie viel ihr eine Volontär*in wert ist. Zur Orientierung dienen zwar die Richtlinien des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Der empfiehlt für das erste Jahr zwischen 1400 und 1800 Euro, für das zweite 1600 bis 2000 Euro. Doch die wenigsten nehmen sie ernst.

Schutz vor Ausbeute

Hoffnungslos ist die Lage dennoch nicht: Schutz vor Ausbeutung bietet etwa die Initiative „Fair Company“ des Job-Magazins Karriere. Unternehmen, die sich daran beteiligen (Communication Harmonists übrigens auch) verpflichten sich freiwillig unter anderem dazu, ihren Volontär*innen einen „existenzsichernden“ Lohn zu zahlen.

DPRG und DRPR schmücken sich indes mit allerlei Verhaltenskodizes für Kommunikationsfachleute. Doch eigene Gehaltsrichtlinien? Fehlanzeige. Hat ja der DJV. Bleibt die Frage, ob sich PR-ler*innen doch für verkappte Journalist*innen halten. Oder ob wir es hier mit lauter Idealist*innen zu tun haben, denen Geld nun einmal nicht so wichtig ist. Würden eigene Richtlinien nicht das Selbstbewusstsein der Branche stärken und ihr Image aufpolieren? Bei 800 Euro Einstiegsgehalt läuft einem der Nachwuchs davon.

Schuld an den Dumpinglöhnen sind auch die Volontär*innen selbst. Notorisch schlecht bezahlte Fluglots*innen etwa gehen auf die Barrikaden – und feiern kleine Erfolge. Von Volontärstreiks oder offenen Briefen an DPRG und GPRA ist nichts zu hören. Das ist umso peinlicher, als die Auszubildenden in einer Branche arbeiten, die, wie keine zweite, Botschaften schnell und medienwirksam publik zu machen weiß.

Fordert bessere Bezahlung für euer Volontariat!

Wäre es nicht an der Zeit, sich mehr zu trauen? Endlich Lärm zu machen und eine bessere Bezahlung zu fordern? Passiert nichts, leben Volontär*innen auch künftig auf Sparflamme. Und die Branche sägt beharrlich weiter am eigenen Ast.